Wales: Ein Reiseziel für Surfer zu jeder Jahreszeit
Mit einer Küstenlänge von rund 2.700 Kilometern und einer einzigartigen Mischung aus Atlantiklage, Tidenhub und rauer Schönheit bietet Wales ein unvergleichliches Surferlebnis, das von anfängerfreundlichen Beach Breaks bis hin zu erstklassigen Riff- und Point Breaks für geübtere Surfer alles zu bieten hat.
Wenn wir von „guten Surfbedingungen“ sprechen, meinen wir damit eigentlich zwei verschiedene Dinge: Zum einen sind damit gleichmäßige Wellen gemeint, also Orte, an denen fast jeden Tag Wellen brechen. Zum anderen sind damit eher seltene, aber perfekt geformte Wellen gemeint. Ob man nun einen langen Point Break entlangfliegt oder eine Inside-Out-Slab nimmt – Wales hat all das zu bieten.
Zuverlässige Surfspots für geübte Surfer
Zunächst einmal: Wo gibt es garantiert Wellen – die zuverlässigen Spots? Von Nordwesten bis Südosten gibt es zahlreiche Beach Breaks – also Orte, an denen die Wellen über Sandbänken am Strand brechen – mit genügend Atlantik-Zugang, um ordentliche Wellen aufzubauen. Allen voraus überzeugt die hufeisenförmige Bucht von Llangennith in der Nähe von Swansea, wo es drei verschiedene Beach Break Zonen gibt. Je weiter man sich nach Norden bewegt, desto höher und anspruchsvoller werden die Wellen. Weiter im Südosten, nicht weit von Cardiff entfernt, liegt Porthcawl's Rest Bay an der Sie zu allen Gezeiten surfen können.
Westlich dieser Gebiete befinden sich die drei Strände Freshwater West, Newgale und Whitesands in Pembrokeshire, die alle geeignete Sandbänke haben. Letzterer ist jedoch besonders gut für Shortboard-Surfer geeignet – kein Wunder also, dass hier derzeit einige der gefragtesten Surfer des Landes zu Hause sind, darunter Josie Hawke oder die Brüder Buick.
Weiter nördlich, tiefer im „Windschatten“ Irlands, kann man an den meisten Tagen surfen, beispielsweise an den Stränden von Borth und Tywyn und schließlich in Porth Neigwl, auch bekannt als „Hell's Mouth“ (Höllenmund), an der Spitze der Halbinsel Llŷn. Wenn eine Fahrt auf der idyllischen Strecke zwischen diesen Orten nicht reicht, um Ihre Fantasie fürs ganzes Leben anzukurbeln, dann schaffen es garantiert das blaue Wasser und die rohe Kraft der Wellen.
Wenn die Wellen so richtig loslegen
Wales ist jedoch mehr als nur ein Ort mit „normalen“ Wellen, denn hier finden sich an den richtigen Tagen auch seltenere, aber umso begehrtere Surfbedingungen. Bevor ich darauf eingehe, wo sich die spektakulärsten Spots des walisischen Surfens finden lassen, lohnt es sich, ein paar zu erwähnen, die sowohl für ihre Zuverlässigkeit und ihre spektakulären Wellen bekannt sind – wie die imposanten Wellenberge von Aberavon in Port Talbot oder den Harbour Trap in Aberystwyth. Wer an einem guten Tag hier ins Wasser geht, sollte freundlich zu den einheimischen Surfern sein und sich beim Wellenreiten abwechseln!
Selten, aber genauso wertvoll, sind die echten Vorzeigespots, denn hier kann der reisende Surfer richtig belohnt werden. Wenn der Atlantik einen ordentlichen Sturm in Richtung Wales schickt, können versteckte Buchten und Winkel sich plötzlich anfühlen wie in Indonesien – vorausgesetzt, man hat nichts gegen Neopren und eine vom Wind gezeichnete Haut. Zu den bekanntesten Spots – noch immer mit sandigem Boden – zählen Broadhaven South bei Stackpole und – ob Sie es glauben oder nicht – der Strand Tenby South. Wenn die Sonnenanbeter im Winter wieder im Büro sitzen, kann ein kräftiger Südwestwind hier für beeindruckende Barrels sorgen, die hartgesottene Surf-Fans begeistern. Auch wenn diese Spots bekannt sind, sollte man mit realistischen Erwartungen anreisen: An solchen Tagen kämpfen Weltklasse-Surfer um Weltklasse-Wellen und obwohl Surfer von Außerhalb willkommen sind, gehört die Welle des Tages oft den erfahrenen Einheimischen. Da heißt es: beobachten, zuhören und die Chance ergreifen, wenn die Wellen kommen! Weitere Surfspots sich auf der Halbinsel Llŷn in Nordwales – doch um herauszufinden, wo diese genau sind, müssen Sie die Augen und Ohren offen halten und bei den Einheimischen die richtigen Fragen stellen.
Point und Reef Breaks für die Erfahrenen und Abenteuerlustigen
Was Reef oder Point Breaks angeht – traditionell die begehrtesten Ziele für internationale Surf-Abenteurer – hat Wales einiges zu bieten. Entscheidend ist dabei die außergewöhnliche Vielfalt an Wind- und Tidenbedingungen. Während auf der einen Seite einer Stadt oder Landzunge der Wind kräftig an Land bläst, sorgt er auf der anderen Seite oft für den perfekten Wind, der aufs Meer hinaus bläst. Ein Paradebeispiel dafür sind die Riffe an der Südküste der Halbinsel Gower westlich von Port Eynon: Entlang der zerklüfteten Küste verstecken sich bei den richtigen Windbedingungen mehr als ein halbes Dutzend Weltklasse-Spots. Wenn Wind und Gezeiten im Einklang sind, schlägt hier das Surferherz höher. Bei stürmischem Wetter verwandelt sich die Langland Bay innerhalb einer einzigen Tide in ein wahres Paradies aus Point, Reef und Beach Breaks. Und wenn die Weltenbummler der Surfszene wie Patrick Langdon-Dark, Alys Barton und viele weitere gerade Landgang haben, kann es gut sein, dass man ihnen hier begegnet.
Auch die Glamorgan Heritage Coast ist reich gesegnet mit Reef und Point Breaks. Wie auf der Halbinsel Gower gilt auch hier: Der Kniff ist es, Wind- und Gezeitenverhältnisse gut zu recherchieren. So konnte etwa der mehrfache walisische Surfmeister Logan Nicol hier seinen unverwechselbaren Stil perfektionieren. Wer bereit ist, zu Fuß auf Entdeckungstour zu gehen, wird am Ende des Weges belohnt. Für alle, die lieber mit Parkplatz und Gesellschaft surfen, bieten vor allem im Winter die Surf-Hotspots Porthcawl und Llantwit Major – jeweils am Anfang und Ende der Küste gelegen – hochwertige Point Breaks. Eine ähnliche Vielfalt an Riff Breaks gibt es auch in Pembrokeshire, allerdings deutlich abgeschiedener gelegen. Für manche dieser Spots muss man allerdings die Wanderschuhe gegen ein gut gesteuertes Boot tauschen. Das Abenteuer wartet – man muss es nur wagen.
Weniger bekannte Surf-Spots mit besonderen Bedingungen
Nicht zuletzt muss auch die oft übersehenen Küste von Ceredigion erwähnt werden, denn auch hier gibt es erstklassige Point Breaks. Allerdings sind diese wohl die seltensten und am schwierigsten zu erwischen, denn der vorherrschende Südwestwind spielt den besten Spots meist nicht in die Karten. Sollte sich der Südostwind jedoch mal blicken lassen, zaubert er beeindruckend glatte Linien-Wellen bis hinauf nach Nordwales und an den Rand der Berge in Eryri (Snowdonia). Gerade diese Unberechenbarkeit der Natur macht den besonderen Reiz aus.
Abschließende Tipps zum Surfen in Wales
Zum Schluss noch mein wichtigster Tipp für alle, die in Wales auf der Suche nach Wellen sind (neben der Notwendigkeit des passenden Neoprenanzugs für die jeweilige Jahreszeit): Bleibt aufmerksam und haltet die Augen offen für Überraschungen, denn hier habe ich die Surfbedingungen sich schneller ändern sehen als irgendwo sonst auf der Welt. Was eben noch wie ein unattraktiver, vom Wind zerzauster Felsen oder wie ein unscheinbares Riff aussah, kann sich Minuten später in einen wahren Schatz verwandeln. Genau dieses „Jagen nach der perfekten Welle“ macht das Surfen in Wales zu einem der aufregendsten Abenteuer, die man erleben kann. Und falls das Wetter mal nicht mitspielt, sorgt die legendäre walisische Gastfreundschaft dafür, dass es trotzdem nie langweilig wird. Aber auch dann: Verliert das Meer nie ganz aus den Augen – vielleicht wartet das Surferlebnis eures Lebens schon hinter der nächsten Winddrehung, an einem einsamen Spot, ganz für euch allein.