Am Anfang...

Seit einer Viertelmillion Jahren leben Menschen in Nordwales. Jäger und Sammler aus der Altsteinzeit suchten an den Küsten und in den Tälern nach Nahrung und die ältesten Überreste der Neandertaler in Großbritannien wurden in Pontnewydd bei St. Asaph gefunden.

Mehrere Eiszeiten machten Großbritannien unbewohnbar, doch als die letzte vor etwa 15.000 Jahren endete, waren die Homo sapiens, unsere Vorfahren, endgültig zurück. Um 5.000 v. Chr. stellten sie in der Axtfabrik Graiglwyd in Penmaenmawr Steinwerkzeuge her und exportierten sie nach ganz Großbritannien.

Die Region ist übersät von neolithischen Überresten, vor allem auf der Insel Anglesey, auf der man beeindruckende Ganggräber wie Bryn Celli Ddu und Barclodiad y Gawres finden kann.

Das Ganggrab Barclodiad y Gawres aus der Vogelperspektive.
Ganggrab Bryn Celli Ddu aus der Vogelperspektive.
Innenansicht eines Ganges in die Grabkammer von Bryn Celli Ddu.

Barclodiad y Gawres und Bryn Celli Ddu, Anglesey

Metallmeister

Die Kupfermine am Great Orme war eine der bedeutendsten in Europa. Ab 2.000 v. Chr. wurden dort schätzungsweise 1.800 Tonnen Kupfer über tiefe Tunnel aus dem Berg geholt. In Kombination mit Zinn aus Cornwall leitete die daraus entstandene Legierung eine neue Ära ein, die als ...*großer Trommelwirbel*... die Bronzezeit bekannt wurde.

Allerdings war sie nicht von Dauer. Die Eisenzeit war um 800 v. Chr. in vollem Gange und mit ihr die Mode, auf jedem verfügbaren Hügel Forts zu errichten. In Nordwales gibt es buchstäblich Hunderte davon, so dass es schwer ist, Highlights herauszupicken: Verpassen sollte man nichtersuchen Sie Penycloddiau in der Clwydian Range oder Tre'r Ceiri auf den Hügeln der Halbinsel Llŷn.

Great Orme, Llandudno Nordwales.

The Great Orme, Llandudno

Das Zeitalter der Kelten

Waren die Kelten ein eigenständiges Volk, oder wurde die keltische Kultur einfach von Europa übernommen? Das ist eine Frage, die leicht zu akademischen Handgreiflichkeiten führt, also lassen wir diese Frage lieber aus. Aber wenn sich die Waliser als „keltisch“ bezeichnen (was wir meistens tun), meinen wir die keltischen Stämme, die im letzten Jahrtausend vor Christus hier lebten. In Nordwales sind das die Deceangli, Ordovices und Gangani.

Sie sprachen Common Brittonic, die Sprache, von der das moderne Walisisch abgeleitet ist. Wenn Sie also das Originale Britisch lernen möchten (oder zumindest das, was dem am nächsten kommt), dann sind Sie im National Welsh Language and Heritage Centre in Nant Gwrtheyrn genau richtig.

Aufsicht auf Nant Gwrtheyrn, Nordwales

Die Römer kommen...

Die Insel Mona – Anglesey auf Englisch, Ynys Môn auf Walisisch – war einst die Hochburg der Druiden, der keltischen Priester. Die Römer fielen im Jahr 48 n. Chr. in Wales ein und 30 Jahre später war Mona der letzte Ort, der fiel. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schrieb einen lebhaften Bericht über den blutigen Anblick der kriegerischen Kelten und das darauf folgende Gemetzel. Das ist ein raffiniertes Stück Propaganda: „die Eingeborenen waren wild und unzivilisiert und verdienten es offenbar, gezähmt zu werden“. (Hinweis an die Römer: Ihr habt ein paar von uns übersehen.)

Die Insel Anglesey fiel, behielt aber auf Walisisch seinen ursprünglichen Namen: Ynys Môn. Die Römer bauten in Caernarfon eine Festung namens Segontium, die sie bis 394 n. Chr. besetzten, bevor sie Britannien ganz aufgaben.

Aerial view of Segontium Roman Fort
Blick auf die Runinen des ehemaligen römischen Forts Segontium.

Segontium Roman Fort, Caernarfon

König Artus und die Sachsen

Nachdem die Römer abgezogen waren, wurde Britannien in kleine Königreiche aufgeteilt. Doch dann kam es zu einer weiteren Invasion: diesmal durch die germanischen Stämme – Sachsen, Angeln, Jüten – aus denen schließlich die Engländer werden sollten. Die einheimischen Briten wurden überrannt oder an den westlichen Rand zurückgedrängt und erhielten einen neuen Namen: Wealas, was so viel wie „Fremde“ bedeutet, woraus sich das Wort „Walisisch“ ableitet. Ehrlich gesagt, eine Frechheit. Interessanterweise bedeutet das moderne walisische Wort „Saeson“ sowohl „sächsisch“ als auch „englisch“.

Doche die Waliser/Briten haben sich gewehrt. Ein geheimnisvoller Held namens Arthur wurde in einem walisischen Gedicht aus dieser Zeit für seine Tapferkeit im Kampf gegen die Invasoren gepriesen. Mehr über ihn – und die Orte in Nordwales, die mit König Artus in Verbindung gebracht werden – erfahren Sie hier.

Llyn Ogwen in Eryri (Snowdonia) – einer der vielen Seen in Wales, in dem das Schwert Excalibur liegen soll...

Die Wikinger kommen... und die Normannen auch

Ab dem 9. Jahrhundert übervielen die Wikinger den Norden von Wales und hinterließen ihre sprachlichen Spuren an Orten wie Anglesey (Ongle's Ey) und Llandudnos Great Orme (ein „Orme“ ist eine Seeschlange). Anglesey könnte sogar einst Teil des nordischen „Königreichs der Inseln“ gewesen sein. Die Wikinger trugen zumindest vorübergehend dazu bei, die normannische Invasion in Wales aufzuhalten.

Im Jahr 1098 versuchte Hugh of Montgomery das neu eroberte Anglesey zu verteidigen, als er auf eine, von Magnus Barefoot, König der Norweger, angeführte Plünderungsgruppe stieß. Magnus schoss ihm mit einem Pfeil durchs Auge. Infolgedessen wurde Gruffudd ap Cynan (1055-1137) erneut König von Gwynedd und war bis zu seinem Tod de facto König von Wales. Er ist in der Kathedrale von Bangor begraben.

Die Küste des Great Orme mit Meer.

Great Orme, Nordwales

Das Zeitalter der Prinzen

Wilhelm der Eroberer hatte nie vor, Wales zu erobern, sondern nur England. Und so lebten die Waliser in den nächsten paar Jahrhunderten in einem unruhigen Verhältnis zu ihren neuen Nachbarn. Wales wurde von Fürstentümern kontrolliert, die Burgen bauten, um die Normannen und sich gegenseitig in Schach zu halten. Gwynedd war das mächtigste Fürstentum und seine Herren hatten ein Händchen für den Bau von Festungen an den schönsten Orten – siehe Castell y Bere, Dolwyddelan, Dolbadarn und Castell Dinas Brân.

Dolbardarn Castle, Snowdonia.
Burgruine des Castell y Bere im Abendlich mit den Bergen im Hintergrund.
Blick auf Dolwyddelan Castle, Snowdonia.

Dolbadarn Castle, Castell y Bere und Dolwyddelan Castle, Eryri (Snowdonia)

Die Burgen von König Eduard I.

König Eduard (King Edward) wird in Wales keine Beliebtheitspreise gewinnen, aber er konnte Burgen bauen (oder besser gesagt, sein Baumeister, James of St. George, verstand sein Handwerk). Während der Eroberung von Wales in den Jahren 1277-83 begann Eduard mit dem Bau einer Reihe von Festungen, die zu den schönsten der Welt zählen. Vier von ihnen – Conwy, Harlech, Caernarfon und Beaumaris – traden den Status UNESCO-Weltkulturerbe. Alle wurden von Owain Glyndŵr während seines Aufstandes in den Jahren 1400-15 belagert; von den vier Festungen blieb nur Caernarfon unzerstört.

Photo looking up at Conwy Castle
View from inside castle of two turrets and wall with someone walking in castle grounds.

Conwy und Harlech Castle

Die Industrielle Revolution

Einst gab es in Nordwales zwei Steinkohleflöze, die von 60 Kohlegruben abgebaut wurden und im Clywedog Valley die florierende Eisenhütte Bersham Heritage Centre & Ironworks in der Nähe von Wrexham, doch die größten Spuren hinterließ die Schieferindustrie. Ganze Berge wurden von Steinbrüchen und Minen abgetragen, die einst 485.000 Tonnen Schiefer pro Jahr produzierten und 17.000 Menschen beschäftigten. Ihre Geschichte wird im Nationalen Schiefermuseum, das sich im alten Steinbruch von Dinorwig befindet, eindrucksvoll erzählt.

Der Schiefer wurde mit Dampfeisenbahnen zu den Seehäfen transportiert, von denen einige – wie die Talyllyn und die Ffestiniog & Welsh Highland Railways – hervorragend erhalten sind. Der Kohle- und Eisenhandel hinterließ mit dem Pontcysyllte Aquädukt ein weiteres herausragendes Wahrzeichen, das UNESCO-Welterbestatus hat.

Bild eines Aquädukts und der Bäume sowie des Flusses darunter.
Welsh Highland and Ffestiniog Railway Railway, Nordwales.

Pontcysyllte Aquädukt und die Ffestiniog Railway

Großartiges Design

Die alte Aristokratie und die neuen Industriebarone kamen mit ihren Ländereien und Steinbrüchen zu enormem Reichtum, den sie in Schlösser und Landhäuser investierten. Powis Castle beherbergt unermessliche Schätze aus den Eroberungen von Robert Clive, auch als Clives of India bekannt, Plas Newydd County House & Gardens besitzt eine großartige Kunst- und Geschichtssammlungen, während Erddig das Leben einer Aristokratenfamilie und ihrer Beziehung zu ihrer Dienerschaft zeigt.

Penrhyn Castle wurde mit Hilfe von Reichtum erbaut, der auf zweifelhafte Weise durch Sklaverei in Jamaika und harte Arbeit in den örtlichen Schieferbrüchen erworben wurde, wie der National Trust schonungslos berichtet. Wie auch immer die Ursprünge waren, alle sind heute überaus sehenswerte Orte.

Plas Newydd House and Gardens, Nordwales.
Luftaufnahme von Powis Castle und den Terrassengärten.

Plas Newydd auf Anglesey und Powis Castle, Welshpool

Das 20. Jahrhundert

Hier ist eine Quizfrage: Wer ist der einzige britische Premierminister, der Englisch als Zweitsprache gesprochen hat? Das ist David Lloyd George, der in dem kleinen walisischsprachigen Dorf Llanystumdwy aufwuchs, wo sich heute das Lloyd George Museum befindet.

Lloyd George machte sich in der Region einen Namen als Kämpfer für Gleichberechtigung und Reformen und wurde 1890 mit einem winzigen Vorsprung von 18 Stimmen ins Parlament gewählt. Von 1916 bis 1922 war er Premierminister und führte das Land durch das Ende des Ersten Weltkriegs und die schwierige Zeit danach. Die von ihm eingeleiteten Sozialreformen legten den Grundstein für viele der Freiheiten, die heute als selbstverständlich angesehen werden.

Exterior of Tŷ Newydd - a white house with light blue woodwork

Tŷ Newydd, David Lloyd Georges letzter Wohnsitz in Llanystumdwy und heute ein Zentrum für kreatives Schreiben

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