Zerklüftete Küsten, bergige Nationalparks, mittelalterlichen Burgen - Wales stand schon lange auf unserer „Must-visit“-Liste, denn es heißt, dass es sich dort herrlich Mountainbiken lässt und die lokale Szene überaus engagiert und lebendig sei…

Wenig später steht der Plan: Wir wollen Wales per Bike entdecken. Dazu nehmen wir unsere eigenen Mountainbikes mit und mieten uns einen Campervan. Unser Highlight wird eine 3-tägige geführte MTB-Tour durch die Cambrian Mountains in Mid Wales.

Radfahrerin auf dem Trans Cambrian Way, Powys, Mittelwales
Auf dem Trans Cambrian Way, Mittelwales

Radfahren in den Cambrian Mountains

Anreise nach Wales

Nach längerer Logistik-Planung brechen wir Anfang September auf. Ab Stuttgart (GER) buchen wir einen Flug inkl. Fahrradtransport mit British Airways. Unsere Bikes sind in entsprechenden Fahrrad-Transporttaschen verpackt. Von London-Heathrow steigen wir in den Zug Richtung Cardiff, wo wir unseren Campervan im Empfang nehmen.

Bikes mieten oder lieber das eigene Mountainbike?

Unsere Mountainbikes nehmen wir mit, das hat drei Gründe:

1. Wir möchten mit unseren eigenen Mountainbikes fahren. Denn: Unsere Bikes passen, sind fahrtüchtig und auf uns eingestellt.

2. Wir möchten im Land unabhängig sein und nach der 3-Tagestour Bikeparks und Trailcenter auf eigene Faust erkunden. Hier möchten wir uns nicht dauernd um das Ausleihen von Bikes kümmern.

3. Die Kosten für den Bike-Transport im Flugzeug stehen vorher fest und sind kalkulierbar.

Trans Cambrian Way, Mittelwales.

Rast auf dem Trans Cambrian Way, Mittelwales

Selbst organisiert vs. geführte Tour?

Dem Tourenanbieter MTB Wales folgen wir schon länger auf Social Media und schnell war klar, dass eine Tour durch die am wenigsten besiedelte Gegend des kleinen Landes ein perfekter Opener für unseren 3-wöchigen Wales-Urlaub sein würde. Gesagt, gebucht! Natürlich hätten wir auch auf eigene Faust losziehen können. Das gestaltet sich aber erfahrungsgemäß mit dem MTB nicht immer ganz einfach und ist zudem mit unfassbar viel Recherche und Planung verbunden. Warum das also nicht einem Local überlassen? Die Entscheidung für einen professionellen Tourenanbieter war goldrichtig. Phill ist in der Gegend bekannt wie ein bunter Hund, engagiert sich für die umweltverträgliche Entwicklung des MTB-Tourismus in Wales und hat die Mountainbike-Route des TCW selbst erarbeitet. Es zeichnet sich ab, dass dieser Trip richtig gut werden würde!

Mit dem Mountainbike durch die Cambrian Mountains

Von Knighton an der englischen Grenze schlängelt sich der Trans Cambrian Way durch das Herz von Mittelwales und führt über die älteste Bergkette Europas, die Cambrian Mountains, mit Ziel in Machynlleth im Westen. In drei Tagen werden wir rund 175 km und ca. 4.000 Höhenmeter zurücklegen.

Die Etappentour führt durch wunderbar einsame Landschaften: Steile Wiesen bergauf, entlang aussichtsreicher Hochebenen und über breite Schotterpisten und flowige Singletrails bergab. Sie ist konditionell herausfordernd, fahrtechnisch streckenweise anspruchsvoll und führt durch menschenleere, satt grüne Landschaften.

Die Reisegeschwindigkeit auf dem Bike eignet sich perfekt, längere Distanzen zurückzulegen und dennoch tief in die entlegenen Gegenden und die ursprüngliche Natur einzutauchen.

Trans Cambrian Way, Mittelwales.
Trans Cambrian Way, Mittelwales.

Mountainbike-Abenteuer

Andere Mountainbiker treffen wir auf dem TCW nicht. Dafür umso mehr Schafe, die uns teilweise verdutzt hinterher schauen, sich von uns fremdartig wirkenden Erdenbürgern auf zwei Rädern jedoch nicht irritieren lassen. Allerdings hinterlassen sie uns ein kleines Souvenir der besonderen Art: Bei der Pause im Tankstellen-Pub stellen wir fest, dass wir von oben bis unten mit Sheep-Shit gesprenkelt sind. Halb so wild, denn der folgende Regen sollte alles abwaschen.

Die Königsetappe am zweiten Tag hat es in sich: 75 km + 1.600 hm sind ein Wort. Insgesamt waren wir inklusive Pausen und Pannen rund 10 Stunden unterwegs. Doch die Mühen lohnen sich, denn hier bieten die Cambrians alles auf, was sie an Schönheit und Ursprünglichkeit zu bieten haben: das Elan Valley, die Broken Road und die Sunken Road, das Reservoir und unendliche Weiten. Ein Highlight ist sicherlich die Flussdurchquerung.

Am Morgen des dritten Tags sitzen uns die Strapazen zwar in den Knochen, wir freuen uns aber auf das Finale. Die Schlussetappe ist mit einigen Singletrails gespickt und endet mit der Mach 2/3, einer technischen Abfahrt, die von Locals in Machynlleth angelegt wurde. Das fette Grinsen in unseren Gesichtern sagt alles: Diese Etappe ist ganz klar unser Highlight des TCW.

Claerwen Reservoir dam, Elan Valley, Mittelwales
Claerwen Staudamm von oben.

Claerwen Staumauer, Elan Valley, Mittelwales

Top 3 Learnings

1. Rain is liquid sun! In der zweiten Tageshälfte des ersten Tages unserer 3-tägigen MTB-Tour durften wir am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn es in Wales regnet. Also richtig regnet und selbst die Locals von Regen sprechen. Bei einem kurzen Schauer oder feinem Sprühregen zuckt hier niemand. Wenn aber selbst die Guides ihre Regenbekleidung aus dem Rucksack ziehen, dann hat das eher was von „It´s raining cats and dogs“. In Wales nimmt man es gelassen und kommentiert trocken mit: „Rain is liquid sun!“ - das gefällt uns!

2. Through the puddles is always the best decision! Die Wettervorhersage für den zweiten und längsten Tourentag des TCW war perfekt: Angenehme 17 Grad, heiterer Sonnen-Wolken-Mix, kein Regen. Deshalb irritiert es uns ein wenig, als uns unser Guide Dan in britischer Gelassenheit erklärt, dass wir heute definitiv nass werden würden. Wir würden einige Pfützen und einen Fluss zu durchqueren haben. Er rät uns, gar nicht erst zu probieren, auszuweichen, denn „Mitten durch die Pfütze ist immer die beste Entscheidung!

3. It ain´t over till it’s over! Nach rund 45 km und 1.200 hm am dritten und letzten Tag auf dem TCW ist unser Etappenziel fast erreicht. Vom Zielort Machynlleth trennt uns noch eine grandiose Enduro-Abfahrt - eines der Highlights der Tour! Dass eine Gruppentour vom ersten bis zum letzten Kilometer vollste Aufmerksamkeit aller Teilnehmenden erfordert, bemerken wir, als etwa 2 km vor dem Ziel Nick verschwunden ist. Kurzfristige Aufregung, Suchaktion, Telefonate, etc. - bis wir in den Ort abfahren und er plötzlich ganz gelassen an der Ampel auf uns zurollt. Er habe den falschen Weg genommen und sei dann einfach alleine weitergefahren. Ende gut, alles gut!

A woman on a mountain bike riding through a muddy puddle.
Two women on mountain bikes riding through a stream.

„Mitten durch die Pfütze zu fahren ist immer die beste Entscheidung!“ – auf dem Trans Cambrian Way durch Mittelwales

Fazit

Der TCW ist nichts für MTB-Rookies. Um hier Spaß zu haben, ist es eindeutig von Vorteil, wenn man für 6-7 Stunden sattelfest und konditionell sowie fahrtechnisch fortgeschritten ist. Wir waren mit unseren MTB-Fullies mit 120/115 mm bzw. 150 mm Federweg unterwegs. Natürlich geht das auch mit einem Hardtail, ein vollgefedertes Bike bringt auf dem TCW aber mehr Spaß! Definitiv in den Tagesrucksack gehören ein paar Ersatz-Bremsbeläge und Regenbekleidung. Für uns war die 3-Tagestour ein unvergessliches Erlebnis, das Appetit auf weitere MTB-Abenteuer in Wales macht!

Mountainbiken auf dem Trans Cambrian Way, Mittelwales.
Downhill-Mountainbike-Strecke in Richtung Machynlleth, Mittelwales.

Die rasante Abfahrt hinunter Richtung Machynlleth

Tipps

Hier haben wir noch ein paar Vorschläge zu Einkehr und Campervan-Vermietung zusammengestellt:

  • The Royal Oak, Pencelli - Super Pub-Food, Top-Burger, vegetarisch und mit Fleisch
  • The Lost Arc, Rhayader - Urgemütliches Café mit außergewöhnlicher Speisekarte und liebevoller Inneneinrichtung
  • The Crown Inn, Rhayader - Restaurant mit gutem Pub-Food
  • Coed-y-Brenin Forest - Trailcenter mit Öko-Besucherzentrum mit Café und Bikeshop
  • Campervan Mazda GoBongo - Privater Campervan-Vermieter, sehr freundlich und hilfsbereit

 

Weitere Informationen zu Andrea und Bernadette finden Sie auf ihrer Website.

 

Luftaufnehme eines Radfahrers auf einer Brücke in Coed y Brenin.

Coed-y-Brenin

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